Durch Schulstühle, die sich in der Höhe verstellen lassen, wird die Durchblutung von Körper und Gehirn optimiert. Dies wirkt sich positiv auf die Leistung aus – genau wie eine bewegliche Rückenlehne und ebensolche Sitzfläche. Dies ist sogar wissenschaftlich bestätigt: Eine Studie des interdisziplinären Kid-Check-Projektes an der Universität des Saarlandes zusammen mit der Wiesbadener Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung kommt genau zu diesem Ergebnis.
Herkömmliche Schulmöbel sind schlecht für die Gesundheit
Aus der benannten Studie geht hervor, was Fachleute bereits immer wieder betonten: Die althergebrachten Schulmöbel sorgen für eine ungünstige Sitzposition, durch die das Gehirn schlechter mit Sauerstoff versorgt wird, was wiederum das Denkvermögen beeinträchtigt. Welche Anforderungen Schulmöbel in modernen Lernwelten erfüllen müssen, untersuchten die Forscher im Laufe eines typischen Schultages an 20 Mädchen und Jungen einer achten Klasse eines saarländischen Gymnasiums. Gegenstand der Untersuchung war die Frage, inwiefern sich verschiedene Stühle auf die Durchblutung des Körpers auswirken. Hierfür wurde eine besonders empfindliche Wärmebildkamera eingesetzt, die Temperaturunterschiede des Körpers bis auf ein hundertstel Grad genau feststellen kann. Dass auch nachhaltige Schulmöbel einen wichtigen Beitrag für das Wohlbefinden und damit für das Lernverhalten leisten, spielte bei der hier benannten Studie keine Rolle.
So lief die Studie ab
Vor dem Beginn des Unterrichts wurde durch thermografische Fotos jeweils die Rumpftemperatur der Schüler gemessen. Außerdem achtete man darauf, dass die Raumtemperatur dauerhaft bei 23 Grad gehalten wurde. Als erstes absolvierten die Schülerinnen und Schüler die erste Schulstunde auf herkömmlichen Stühlen. Danach wurde die Rumpftemperatur erneut gemessen, die bei den meisten Testpersonen abgefallen war. Nun folgten für die Hälfte der Kinder zwei Unterrichtsstunden auf höhenverstellbaren Roll-Drehstühlen, bei denen sowohl die Sitzflächen als auch die Lehnen beweglich waren. Die anderen mussten weiterhin auf den klassischen Stühlen Platz nehmen. Auch hiernach folgte eine weitere Messung: Bei den Kindern auf den beweglichen Stühlen war die Temperatur wieder angestiegen, teilweise sogar über den Wert der ersten Messung. Das konnte bei der Vergleichsgruppe so nicht festgestellt werden. Laut den Studienleitern ist die höhere Temperatur bei den Jugendlichen auf den beweglichen Stühlen auf die bessere Durchblutung der Haut und der darunterliegenden Muskulatur zurückzuführen. Anders als beim Sitzen auf herkömmlichen Stühlen würde die Muskulatur nicht in eine passive Sitzposition gezwungen. Vielmehr sei sie zwar kaum merklich, aber trotzdem permanent in Bewegung. Dr. Dieter Breithecker, Leider der Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung ist vom positiven Nutzen überzeugt: „Dieses aktive Sitzen verhindert, dass die Kinder dauerhaft eine nach vorn gebeugte Haltung einnehmen, die die Durchblutung hemmt“.
Besser sitzen = mehr leisten
Auch Professor Dr. Eduard Schmitt von der Orthopädischen Universitätsklinik in Homburg kritisiert die althergebrachten Schulmöbel: „Oft sitzen Kinder mit ganz unterschiedlicher Körpergröße auf den gleichen Stühlen. Sind die Schulmöbel zu klein, nehmen die Schüler eine gebückte Arbeitsposition ein, bei der sich der Oberkörper nach vorn neigt.“ Und weiter: „Bei Kindern wachsen die Wirbelkörper noch und reagieren sehr empfindlich auf einseitige Belastung“, erläutert Eduard Schmitt. „Sitzt ein Kind dauerhaft nach vorne gebeugt, werden vorwiegend die vorderen Abschnitte der Wirbelkörper belastet. Dadurch wird ihr Wachstum an dieser Stelle frühzeitig gestoppt, hinten wachsen die Wirbel jedoch weiter. Die Wirbel werden keilförmig, es entwickelt sich zunehmend ein Rundrücken. Diese Haltungsschwäche wird schließlich zu einem Haltungsschaden, der nicht mehr zu beheben ist“. Das deckt sich auch mit der Auswertung der Wärmebilder. Aus den Aufnahmen lässt sich schlussfolgern, dass die gebückte Haltung außerdem zu einer ungenügenden Durchblutung der Rumpfmuskulatur führt.
Sogar das Kippeln gilt als positiv für die Gesundheit
„Hör auf zu kippeln!“ Wohl jedes Kind wird mehr als nur einmal von einem Elternteil oder von einer Lehrerin beziehungsweise einem Lehrer entsprechend ermahnt. Laut den Fachleuten muss dieser Punkt neu bewertet werden. Denn bei herkömmlichen Stühlen mit gerade Sitzfläche und Sitzmulde werden Kinder in eine Sitzhaltung gezwungen, bei der die Oberschenkel entweder im rechten oder sogar in einem kleineren Winkel zum Rumpf stehen müssen. Dabei dreht sich der hintere Teil des Beckens annähernd um 30 Grad nach unten, wodurch die Wirbelsäule in eine Rundrückenhaltung gezwungen wird. Dabei ist der Grundgedanke eigentlich positiv: Stühle mit fester Lehne und unbeweglicher Sitzfläche sollen den Rücken stützen und so die Wirbelsäule entlasten. Doch Experte Breithecker stellt ganz klar fest: „Fünf- bis neunjährige Kinder können höchstens zehn Minuten lang stillsitzen. Bei Zehn- bis Zwölfjährigen sind es 15 Minuten, bei 13- bis 18-Jährigen allenfalls 25 Minuten.“ Nach dieser Zeit beginnt man zwangsläufig mit dem Kippeln sowie mit dem Bewegen von Füßen und Beinen. Es wäre grundfalsch, ein Kind deshalb als „unruhig“ zu betiteln: Die Bewegungen sorgen für eine Entlastung der Venen und helfen dabei, das Blut wieder zurück zum Herzen zu pumpen. Das wiederum sorgt für eine bessere Durchblutung das Gehirns – und damit für eine länger anhaltende Konzentration.
Fazit?
Aus der genannten Studie lässt sich ganz klar ableiten: Schon Kinder sollten in der Schule so bequem wie möglich sitzen können, um sich bestmöglich konzentrieren zu können. Allein das sollte Grund genug sein, die Schulen ebenso wie die Arbeitsplätze im Kinderzimmer mit dem richtigen Mobiliar auszustatten. Und: Was für die Schule gilt, ist an der Universität und am Arbeitsplatz im Büro ebenso zutreffend.