Azubis können auf Entdeckungsreise gehen, und während ihrer Ausbildung ein anderes Unternehmen kennenlernen. Sie eignen sich dabei neue Arbeitsmethoden und Techniken an, lernen selbstständiger und eigenverantwortlicher zu werden und bauen ihre Kontakte und Freundschaften aus. Der Blick über den Tellerrand stärkt die Azubis und hilft ihnen, ein besseres Verständnis für andere Menschen und Kulturen aufzubauen. Die Austausche finden sowohl inländisch als auch im Ausland statt. Neben staatlichen Organisationen, wie Erasmus, gibt es auch verschiedene spezielle Programme, die direkt über Unternehmen organisiert werden. Der Austausch geht in der Regel über zwei Wochen, kann aber auf bis zu drei Monate verlängert werden. Azubis, die bereits einmal die Seite gewechselt haben, finden das eine „wirklich lebendige Erfahrung“, wenn man den Aussagen Betroffener Glauben schenkt.
Hineinschnuppern in den sozialen Bereich der Lebenshilfe
Ein erfolgreicher Austausch wird von der Lebenshilfe Braunschweig in Gemeinschaft mit der Firma BTN Münzen organisiert. Das Austauschprogramm findet seit November 2015 statt und nennt sich „Seitentausch“. Im Rahmen dieses Programms können Azubis beider Firmen für einen bestimmten Zeitraum in die Ausbildungsstätte des anderen Unternehmens hineinschnuppern. Weiterhin haben die Azubis die Möglichkeit, unternehmensübergreifend gemeinsame Projekte zu bearbeiten.
Die zweite Rückrunde des Austausches endete für die Auszubildenden mit Bocciaspielen und Waffelbacken. Thema dieses Austausches war der Online-Handel. In den Lerneinheiten befassten sich die Azubis mit den Schwierigkeiten und der Anwendung von Computerprogrammen, mit verschiedenen Zahlungsarten, dem Online-Handel und anderen kaufmännischen Themenbereichen. Die Teilnehmer beider Unternehmen stellten fest, dass sich viele Arbeitsbereiche und Herausforderungen im Arbeitsalltag überschneiden, auch wenn die Ausbildung bei der Lebenshilfe ganz andere Ziele verfolgt als bei BTN Münzen. Pia, eine Teilnehmerin des aktuellen Austausches und Azubi bei BTN Münzen, fasst ihre Erfahrungen folgendermaßen zusammen: „Für mich war das Projekt neu. Ich war beeindruckt, wie schnell wir in Kontakt gekommen sind! Mir hat es Spaß gemacht, zusammen zu arbeiten“. Auch die Teilnehmer der Lebenshilfe waren sich schnell einig: „Das war ein großer Gewinn“, so lautet die einhellige Meinung.
Ziele des Austausches
Azubis beider Seiten sollen sich in dem Projekt neue Kenntnisse und Fertigkeiten aneignen und ihre Präsentationsfähigkeiten verbessern. Die Auszubildenden von BTN sollen dabei besonders den toleranteren Umgang mit vermeintlich leistungsschwächeren Personen erlernen. Durch gezielte Teamarbeit trägt dieses Projekt gleichzeitig zum Abbau fälschlich bestehender Vorurteile bei, die leider noch viel zu oft gegenüber Menschen mit Leistungsbeeinträchtigung bestehen. Die Idee des Prinzips „Lernen durch Lehren“ verbessert die Fähigkeiten der Teamarbeit und die Aneignung von ausbildungsfernen Kenntnissen. Bei der Lebenshilfe sollen die Azubis durch den Austausch in ihren Fähigkeiten gestärkt werden. Sie sollen ihre Ängste vor dem Arbeitsmarkt abbauen, kaufmännische Kenntnisse erlangen, selbstständiger werden und ihre Kompetenzen grundsätzlich ausbauen.
Über die teilnehmenden Unternehmen
BTN Münzen ist ein Unternehmen, das sich auf den Handel von Telefonkarten und Münzen spezialisiert hat und 1993 gegründet wurde. Seit rund 20 Jahren zählt der Versandhandel zu den größten Münzfachhändlern in Europa. Abseits der üblichen unternehmerischen Tätigkeit ist BTN vor allem durch außergewöhnliches Engagement bekannt. Neben diversen sozialen Projekten steht vor allem die Förderung der eigenen Nachwuchskräfte im Vordergrund.
Die Lebenshilfe Braunschweig setzt sich für Menschen mit Beeinträchtigung ein und schafft positive Lebensbedingungen für sie durch Begleitung, Förderung und Eingliederung in die Gesellschaft. Mit Werk- und Wohnstätten sowie Ausbildungen ermöglicht sie diesen Menschen ein selbstständiges Leben. Des Weiteren setzt sich die Lebenshilfe für die Gleichbehandlung aller Menschen und das Recht auf freie Entfaltung ein. Das Projekt „Seitentausch“ fördert speziell die soziale Integration und die individuelle Selbstverwirklichung.
Schüler, die sich für den Azubi-Austausch interessieren
Wer noch nicht in der Ausbildung steckt, und sich für das Projekt Seitentausch oder andere Azubi-Austauschprogramme interessiert, kann bei einem teilnehmenden Unternehmen bereits ein Praktikum absolvieren. Das ist sogar sinnvoll. So lernt die Firma ihre potenziellen Azubis früh kennen. Die Schüler haben die Chance, sich im Unternehmen umzusehen und lernen, was und wie die Menschen dort arbeiten. Auch auf Ausbildungs- und Berufsmessen oder Kennenlerntagen, wie dem Boys oder Girls Day, erhalten Schüler erste Einblicke in die Arbeitswelt. Wer sich diese lohnenswerten Chancen nicht entgehen lässt und sein Leben schon früh selbst in die Hand nimmt, der wird sicherlich davon profitieren. Denn Ausbildungsbetriebe nehmen nicht einfach den erstbesten Bewerber für eine Lehrstelle, sie wollen sicherstellen, dass Auszubildende Interesse am Job haben, sich engagieren und sich während der Lehrzeit aktiv, wissbegierig und lernbereit zeigen. Ein selbst in die Wege geleitetes Praktikum ist ein wichtiger Schritt, um Firmen als junger Mensch auf sich aufmerksam zu machen – und am Ende die begehrte Ausbildungsstelle zu bekommen.
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