Ungerecht bewertet? Manchmal hilft juristischer Beistand
Prüfungssituationen sind meist unangenehm. Umso schöner ist es, wenn man später die Früchte der eigenen Bemühungen ernten kann. Doch nicht immer gibt es dieses Erfolgserlebnis: Manchmal scheitert es an schlechter Vorbereitung, manchmal am Prüfungsstoff und in einigen Fällen auch an den Rahmenbedingungen, die von deiner Hochschule diktiert werden. Gerade in letzterem, aber auch in vielen anderen Fällen, bleibst du jedoch nicht auf dich alleine gestellt. Eine Prüfungsanfechtung kann sich lohnen und dir eventuell zu später Genugtuung verhelfen. Wir haben in diesem Ratgeber die wichtigsten Punkte zur Prüfungsanfechtung für dich zusammengetragen.
Gründe für Prüfungsanfechtung, die zum Erfolg führen können
Nicht bei jeder Prüfungsanfechtung besteht Aussicht auf Erfolg, allerdings können folgende Ursachen deiner gescheiterten Prüfung Anlass zur Anfechtung geben:
- Rahmenbedingungen unzumutbar: Gestank, Lärm oder schlechte Lichtverhältnisse können Auswirkungen auf deine Prüfungsleistung haben. Fällst du durch
die Prüfung, kannst du das Ergebnis anfechten - Chancengleichheit nicht gegeben: §3 des Grundgesetzes garantiert, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Solltest du dich grob ungerecht behandelt oder diskriminiert fühlen, lohnt sich eine Prüfungsanfechtung
- Prüfungspersonal: Es kann sich herausstellen, dass der Prüfer eigentlich nicht zur Abnahme der Prüfung berechtigt war – dein Prüfungsergebnis ist deshalb anfechtbar
- Prüfungszeit: Dir steht es zu, pünktlich anzufangen und bis zum Schluss arbeiten zu dürfen. Wirst du aus irgendeinem Grund daran gehindert, die Prüfungszeit ausnutzen zu können, so kannst du Einspruch gegen das Prüfungsergebnis einlegen
- Prüfungsunfähigkeit: Dieser Passus bezieht sich auf dich als Person. Wenn sich herausstellt, dass du zum Zeitpunkt der Prüfung nicht prüfungsfähig warst und du dies beweisen kannst, dann ist das Ergebnis ebenfalls anfechtbar
Es ist wichtig zu wissen, dass du bei Verfahrensfehlern die Beweislast trägst. Du musst also nachweisen können, dass etwas nicht richtig gelaufen ist. Während offensichtliche Fehler, etwa bei der Prüfungsbewertung, leicht nachzuweisen sind, ist es schwieriger, das Verfahren an sich als irregulär zu erkennen und zu dokumentieren. Hier hilft das Hinzuziehen eines Freundes oder das Anfertigen von Beweisdokumenten oder Fotos.
Leicht anfechtbare Gründe, die im Nachhinein auftreten
Gut nachzuweisen sind Fehler, die du schwarz auf weiß vorliegen hast – etwa Fehlkorrekturen. Klassische Beispiele sind übersehene Punktzahlen oder schlichtweg falsche Korrekturen. Auch die Fragestellungen sind häufig anfechtbar, beispielsweise bei Multiple Choice-Aufgaben. Diese lassen oft einen Interpretationsspielraum, sodass vermeintlich falsche Aufgaben später als richtig gewertet werden müssen. Generell solltest du die Korrektur sehr genau unter die Lupe nehmen, denn nicht immer sind Fehler in der Korrektur direkt zu erkennen – das beste Beispiel dafür sind Folge- und Wiederholungsfehler, die fälschlicherweise mehrfach als unkorrekt gewertet werden. Schließlich sollten auch der Prüfungsstoff sowie der Prüfer selbst hinterfragt werden: Ist etwa Befangenheit im Spiel? Gibt es unzulässige Fragen, die in einer Prüfung nichts zu suchen haben?
Prüfungsanfechtung – so ist der Ablauf
Verfahrensfehler sollten sofort gemeldet werden. Du als Prüfling darfst also etwa bei der mündlichen Prüfung darauf aufmerksam machen, dass das Licht zu dunkel oder die Raumtemperatur zu niedrig ist. Diese Rüge muss im Protokoll vermerkt werden, wobei es jedoch legitim ist, sich erst am Ende der Prüfung zu beschweren, um eine negative Auswirkung auf den Prüfungsablauf auszuschließen. Nachträgliche Beschwerden sind sehr schwierig, weil du Tage danach beispielsweise kaum nachweisen kannst, dass es in dem Prüfungsraum unangenehm gerochen hat oder die Lichtverhältnisse schlecht waren. Verfahrensfehler werden gewöhnlich durch Wiederholung ausgeglichen, wobei Prüfer und Rahmenbedingungen gleich bleiben, sofern diese nicht Ursache der Anfechtung waren.
Eine klassische Prüfungsanfechtung läuft indes so ab, dass du zunächst Noteneinsicht bei der Prüfungsbehörde beantragst. Dort kannst du sehen, wie der Prüfer korrigiert hat und welche Bemerkungen es dazu gibt. Anschließend kannst du einen Schritt weiter gehen und die schriftliche Begründung des Prüfungsergebnisses anfordern. Der Prüfer muss nun schriftlich darlegen, wie er zur Benotung kommt. Dadurch macht er sich angreifbar, sodass du nun eine Gegendarstellung aufsetzen kannst, welche dem Prüfungsamt fristgerecht zugehen muss. Diese offizielle Gegendarstellung ist die eigentliche Prüfungsanfechtung, deshalb ist unbedingt auf zeitliche Fristen und Formvorgaben zu achten. Eine Prüfungsanfechtung kannst du selber vornehmen oder aber juristischen Beistand suchen. Fachmännische Hilfe ist in den meisten Fällen ratsam, weil es sich bei der Anfechtung um eine recht komplexe Prozedur handelt. Außerdem steht manchmal – besonders bei den Abschlussprüfungen – die berufliche Zukunft auf dem Spiel, weshalb nicht am falschen Ende gespart werden sollte.
Prüfungsanfechtung lohnt sich in vielen Fällen
In den meisten Fällen zahlt sich eine Prüfungsanfechtung aus, besonders wenn die Fehler offensichtlich oder gut beweisbar sind. Dann ist problemlos eine Prüfungswiederholung oder Notenverbesserung möglich. Du solltest jedoch nicht zu sehr auf Krawall gebürstet sein, denn ständige Anfechtungen werden deine Beliebtheit an der Uni nicht steigern. Wäge also gut ab, ob die Prüfung wichtig für deinen Werdegang ist und ob die Anfechtung voraussichtlich zum Erfolg führen wird.